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RA Dr. Jan Kaestner

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Kurzleitfaden: Urheberrechte bei der Erstellung eigener Webseiten

Jan Kaestner
Berthold Hilderink


Hinweis: Dieser Text wurde im März 1998 erstellt und im Januar 1999 in Teilen aktualisiert. Der Text wurde zwar während der Tätigkeit der Autoren als wiss. Mitarbeiter des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht verfasst, die geäußerten Meinungen entsprechen aber den persönlichen Ansichten der Autoren und nicht notwendigerweise denen von Prof. Dr. Hoeren und den anderen Mitarbeitern des ITM.


Gliederung

  1. Problemstellung
  2. Schutz fremder Inhalte auf Webseiten
    1. Geschützte Inhalte
    2. Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung
    3. Nutzung geschützter Inhalte durch Lehrer
      1. Schulfunk, § 47 UrhG
      2. Pressespiegel, § 49 UrhG
      3. Zitierfreiheit, § 51 UrhG
      4. Öffentliche Wiedergabe, § 52 UrhG
      5. Ausnahmeregelungen für den Unterricht, § 53 III UrhG
      6. Ergebnis
  3. Schutz eigener Inhalte auf Webseiten
    1. Verletzung eines eigenen Urheberrechts
    2. Schutz gegen eine Urheberrechtsverletzung
  4. Weiterführende Literatur

A. Problemstellung

Die Erstellung von Webseiten greift oft weitgehend in Urheber- und Leistungsschutzrechte ein. Wer auf einem Server Daten anbietet, an denen er kein Urheberrecht hat, bzw. für die ihm durch den Urheber keine Nutzungsrechte eingeräumt wurden, läuft Gefahr, sich rechtlichen Sanktionen (zivilrechtlichen Klagen oder Strafverfahren) auszusetzen.

Der vorliegende Leitfaden soll daher den Teilnehmern der BMBF-Sonderförderungsmaßnahme "Nutzung elektronischer und multimedialer Informationsquellen in Schulen (InfoSCHUL)" und anderen Schulangehörigen eine praktische Möglichkeit eröffnen, selbst festzustellen, ob Inhalte fremder Webseiten urheberrechtlichen Schutz genießen und ab wann eigene Webseiten urheberrechtlich geschützt sind. Er kann und soll eine Rechtsberatung im Zweifelsfall nicht ersetzen.

B. Schutz fremder Inhalte auf Webseiten

1. Geschützte Inhalte

Zunächst ist die kollisionsrechtliche Vorfrage zu stellen, ob deutsches oder ausländisches Urheberrecht anwendbar ist. Wenn keine Rechtswahl getroffen wurde (im Normalfall also), ist das anzuwendende Recht nach dem Territorialitätsprinzip/Schutzlandprinzip zu ermitteln. Danach gilt grundsätzlich: das Recht des Landes, in dem die Webseiten erstellt wurden bzw. gespeichert sind, findet (auch in Deutschland) Anwendung. Bei Webseiten aus dem Ausland sollte vorsichtshalber vom Bestehen eines urheberrechtlichen Schutzes ausgegangen werden, weil insbesondere in England oder Amerika der urheberrechtliche Schutz (das Copyright) oft weiter reicht als in Deutschland.

Bei Anwendbarkeit deutschen Rechts kann folgendes Schema helfen: Grundsätzlich urheberrechtsfähig sind Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst (§ 2 UrhG), insbesondere

Darunter fallen bei Webseiten unabhängig vom verwendeten Format alle Texte, Grafiken, Videos (AVI, MPEG usw.), Musikstücke sowie das Layout.

Urheberrechtlich geschützt wird das Werk aber nur, wenn es sich um eine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 II UrhG handelt. Die bloße Idee wird demnach nicht geschützt.

Die Webseite als Ganzes kann weiterhin als Sammel- und Datenbankwerk nach § 4 UrhG geschützt sein. Eine Legaldefinition des Begriffs "Datenbankwerk" findet sich in § 4 II UrhG: Ein Datenbankwerk ist ein Sammelwerk, dessen Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Ein Sammelwerk liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Material nach eigenständigen Kriterien ausgewählt oder unter individuellen Gesichtspunkten zusammengestellt wurde. Eine rein schematische oder routinemäßige Auswahl oder Anordnung ist nicht schutzfähig.

Es müssen individuelle Strukturmerkmale verwendet werden, die nicht durch Sachzwänge diktiert sind. Schutzfähig dürften z. T. Sammlungen von Hyperlinks und viele Zusammenstellungen von Informationen auf einer Homepage sein, wenn sich diese durch Auslese oder Anordnung als persönliche geistige Schöpfung des Erstellers der Seiten darstellen (Legaldefinition Sammelwerk in § 4 I UrhG).

Aufgrund der Entwicklung von Sprachen, mit denen Webseiten programmiert werden können, wie beispielsweise Java oder Scriptsprachen wie Javascript, können HTML als Grundform der Seitendarstellung und die Fortentwicklungen VRML und XML zur Darstellung von Objekten wohl nicht mehr als Programmiersprachen i.S.v. § 69 a ff. UrhG angesehen werden. Den drei genannten Sprachen fehlt insbesondere die Fähigkeit, mit Hilfe von Algorithmen oder anderer Programmiertechniken Probleme zu lösen. Die Verwendung von HTML-, VRML- oder XML-Formatierungselementen begründet daher noch keinen urheberrechtlichen Schutz. Etwas anderes gilt für Java und Scriptsprachen.

Nur in seltenen Fällen wird daher ein Teil der Webseite nach §§ 69 a ff. UrhG urheberrechtlichen Schutz genießen.

Neben urheberrechtlichem Schutz können Inhalte von Webseiten Leistungsschutz genießen. Die Besonderheit des Leistungsschutzes besteht darin, daß auch geistige Leistungen auf kulturellem Gebiet, die keine Schöpfung i.S.d. § 2 II UrhG darstellen, Gegenstand des Leistungsschutzes sein können. Wichtigster Fall für Ersteller von Webseiten ist das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder, das in § 72 UrhG geregelt ist. Dem Leistungsschutzberechtigten stehen dabei grundsätzlich dieselben Rechte zu wie dem Urheber mit dem Unterschied, daß die Schutzdauer kürzer ist (für Lichtbilder beispielsweise 50 Jahre). Oft werden Leistungsschutzrechte von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen, denen vom Leistungsschutzberechtigten die Rechte übertragen wurden.

Im Streitfalle entscheiden über den urheber- oder leistungsschutzrechtlichen Schutz die Gerichte. Vorsichtshalber sollte daher die Schwelle für das Vorliegen einer zum Entstehen eines Urheberrechts notwendigen Schöpfungshöhe niedrig angesetzt und davon ausgegangen werden, daß an Webseiten mit eigenständigen Inhalten, ein Urheberrecht besteht. Bei Fotografien, Filmen, Videos oder auch Musikstücken sollte, auch wenn die Daten nicht für eine persönliche geistige Schöpfung mit gewisser Schöpfungshöhe gehalten werden, von einem Leistungsschutz ausgegangen werden.

2. Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung

Eine Urheberrechtsverletzung liegt in jeder Verletzung eines Persönlichkeits- oder Verwertungsrechts des Urhebers. Die wichtigsten Rechte sind:

Sonderprobleme bei der Arbeit mit Webseiten:

Eine Verletzung liegt weiterhin dann nicht vor, wenn der Urheber einer entsprechenden Nutzung zustimmt. In einem kurzen Schreiben kann der Urheber um Erlaubnis der Nutzung ganzer Webseiten oder einzelner Elemente gebeten werden. Eine Zustimmung ist nicht notwendig, wenn auf die Seiten nur in Form eines Hyperlinks verwiesen wird und bei Aufruf die Quelle der Webseite deutlich wird (Verweise in Frames können daher unzulässig sein, wenn der Urheber nicht mehr erkennbar ist, sie sollten grundsätzlich vermieden werden; umstritten ist auch die Zulässigkeit von sog. Deep Links, also Verweisen auf Seiten unterhalb der Einstiegsseite einer Website, die teilweise den Urheber nicht erkennen lassen, auch hier sollte ein solcher Verweis nur erfolgen, wenn auf den fremden Seiten ein Hinweis auf den Urheber und ein Verweis auf die jeweilige Homepage zu finden sind).

3. Nutzung geschützter Inhalte durch Lehrer

Grundsätzlich sollte davon ausgegangen werden, daß mit der Benutzung fremder Webseiten, der Übernahme von Inhalten aus Webseiten oder Datenbanken sowie einer Einarbeitung von anderen Daten in eigene Seiten fremde Urheber- oder Leistungsschutzrechte berührt werden.

Urheber und Leistungsschutzberechtigte können Verwertungsrechte nicht unbeschränkt geltend machen. Eine solche Monopolstellung wäre mit Vorgaben des Grundgesetzes unvereinbar. Das deutsche Urheberrecht sieht daher Schranken des Urheberrechts vor, in deren Rahmen eine Ausübung von Verwertungsrechten wie beispielsweise dem Vervielfältigungsrecht zulässig ist. Solche Schranken betreffen beispielsweise:

Exemplarisch hier eine kurze Übersicht über die wichtigsten Schranken, die bei der Erstellung von Webseiten im schulischen Rahmen Anwendung finden können.

a) Schulfunk, § 47 UrhG

Umfang: Herstellen einzelner Vervielfältigungsstücke von Werken, die innerhalb einer Schulfunksendung gesendet werden auf Bild- oder Tonträger. Problematisch: ist das Zugänglichmachen von Seiten in schulischen Netzen mit Schulfunk vergleichbar? Weiterhin problematisch: ist eine Festplatte oder ein sonstiges Laufwerk ein Bild- oder Tonträger? Hier bestehen wohl schon Bedenken an der Anwendbarkeit des § 47 UrhG auf Webseiten.

Jedenfalls dürfen Werkkopien nur für den Unterricht verwendet werden, § 47 II 1 UrhG, und es besteht eine Löschungspflicht am Ende des nächsten Schuljahres, § 47 II 2 UrhG. § 47 UrhG ermöglicht daher keine dauerhafte Einspeisung in ein Computernetzwerk und keine Einspeisung in ein Netzwerk, auf das Dritte Zugriff haben, die nicht schulangehörig sind.

b) Pressespiegel, § 49 UrhG

Eine Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Artikel aus Zeitungen in anderen "Zeitungen und Informationsblättern" sowie deren öffentliche Wiedergabe ist zulässig, sofern die Artikel politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen sind (z.B. "Nachdruck verboten" o.ä.). Artikel in diesem Sinne sind nur Sprachwerke, nicht Fotografien. Sie müssen im Zeitpunkt der Übernahme aktuell sein.

Grundsätzlich entsteht mit der Wiedergabe ein Vergütungsanspruch, den üblicherweise eine Verwertungsgesellschaft geltend macht. Der Vergütungsanspruch entfällt bei lediglich kurzen Auszügen, die in Form einer Übersicht zusammengestellt werden. Presseauszüge können somit ohne Zustimmung des Urhebers und ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung im Internet plaziert werden.

Problematisch ist, daß nach Sinn und Zweck der Vorschrift wohl nur tagesaktuelle (bei periodisch erscheinenden Publikationen möglicherweise auch wochen- oder monatsaktuelle) Artikel veröffentlicht werden dürfen. Eine Veröffentlichung von Pressespiegeln im WWW müßte daher entsprechend oft aktualisiert werden.

c) Zitierfreiheit, § 51 UrhG

§ 51 UrhG erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einzelner bereits erschienener Werke auch ohne Zustimmung des Urhebers, sofern diese in einem selbständigen wissenschaftlichen Werk zur Erläuterung des Inhalts und in einem durch diesen Zweck gebotenen Umfang aufgenommen werden. Im einzelnen sind geregelt:

In bezug auf den Multi-Media Bereich ist zu beachten:

d) Öffentliche Wiedergabe, § 52 UrhG

Eine nicht-kommerzielle Datenbank kann frei über Online-Netze betrieben werden. Sofern die Homepage nicht erwerbswirtschaftlichen Zwecken dient, kann jedes Werk ohne Zustimmung des Rechteinhabers enthalten und zugänglich gemacht werden. Rechtsfolge ist jedoch eine Vergütungspflicht in angemessener Höhe, § 52 I 2 UrhG.

Die Vergütungspflicht entfällt aber für Schulveranstaltungen, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmten abgegrenzten Personenkreis zugänglich sind (z.B. Schulklasse).

Hier kommt somit eine freie Nutzung fremder, urheberrechtlich geschützter Werke in Frage, solange nur der Klassenverband Zugriff auf die Daten hat.

e) Ausnahmeregelungen für den Unterricht, § 53 III

Erlaubt ist die Vervielfältigung von kleinen Teilen eines Druckwerkes oder einzelner Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge für den Schulunterricht und die Aus- und Weiterbildung in nichtgewerblichen Einrichtungen.

f) Ergebnis

Keine Bedenken bestehen an der Verwendung fremder Inhalte von Webseiten im Klassenverband. Auch Einspeisungen in schulinterne Netze (Intranet) dürften unbedenklich sein, wenn gewährleistet ist, daß keine Außenstehenden auf die Seiten zugreifen können (also dann, wenn keine Verbindung zu externen Netzen wie dem Internet besteht). Bei der Veröffentlichung eigener Webseiten, in die fremde Inhalte aufgenommen wurden, kommen als Schranken auch im schulischen Bereich jedoch nur die Veröffentlichung öffentlicher Reden und Pressepiegel nach §§ 48 f. UrhG sowie das Zitatrecht des § 51 UrhG in Betracht.

C. Schutz eigener Inhalte auf Webseiten

1. Verletzung eines eigenen Urheberrechts

Das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung ist nach den obigen Leitlinien durchzuführen. Insbesondere sind die folgenden Fragen zu stellen:

Liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, sollte geprüft werden, ob zugunsten des Verletzenden eine Schranke (B.3.) eingreift. Ist das nicht der Fall, ist davon auszugehen, daß ein Urheberpersönlichkeits- oder Verwertungsrecht verletzt wurde.

2. Schutz gegen Urheberrechtsverletzung

Grundsätzlich ist zu empfehlen, den Verletzenden auf die Urheberrechtsverletzung hinzuweisen und ihn aufzufordern, die Verletzung zu unterlassen. Erst bei fortwährender Verletzung sollte ein Anwalt eingeschaltet werden, der z.B. eine Abmahnung entwerfen kann. Als letzter Schritt kommen dann möglicherweise eine zivilrechtliche Unterlassungs- oder Leistungsklage bzw. eine Strafanzeige in Betracht.

D. Weiterführende Literatur

Online publizierte Texte zum urheberrechtlichen Schutz von Webseiten findet sich in der Netlaw Library des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht:

Einen allgemeinen Überblick geben beispielsweise:

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© Dr. Jan Kaestner
Stand: 20. Januar 2006