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RA Dr. Jan Kaestner

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Immaterialgüterrechtliche Aspekte des elektronischen Handels

Jan Kaestner


Hinweis: Dieser Text fasst kurz die Ergebnisse des 2. ECLIP Workshops zusammen, der im September 1998 stattfand. Die Zusammenfassung der Tagungsbeiträge verkürzt die Argumentation der Sprecher und sollte daher nur als Indikator für gewisse Trends herangezogen werden. Die vollständigen Tagungsbeiträge sind abgedruckt im Buch "Legal Aspects of Intellectual Property Rights in Electronic Commerce", herausgegeben als Band 6 der MMR-Schriftenreihe des C. H. Beck Verlags, München 1999.


Das Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster, veranstaltete am 24. und 25. 9. 1998 eine Tagung zu immaterialgüterrechtlichen Aspekten des elektronischen Handels. Die englischsprachige Tagung war die zweite einer Reihe von Veranstaltungen im Rahmen des ECLIP-Projekts der EU-Kommission, mit denen die Aufmerksamkeit von Unternehmern und Juristen in der Praxis auf rechtliche Probleme bei der elektronischen Abwicklung von Geschäften gelenkt werden soll.

Im einführenden Teil der Veranstaltung untersuchte Prof. Dr. Alain Strowel von der Saint-Louis Universität, Brüssel, die Zulässigkeit von Verweisungs- und Zuordnungstechniken, die bei der Erstellung von Webseiten verwendet werden, insbesondere Hyperlinks, Inline-Links und Meta-Information-Tags. Er gelangte zu dem Ergebnis, daß das Setzen einfacher Hyperlinks auf fremde Webseiten möglicherweise durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt, jedenfalls aber in der Einrichtung einer Webseite eine konkludente Zustimmung zu einem solchen Verweis zu sehen sei. Die Haftung für Urheberrechtsverletzungen im Online- Bereich war Gegenstand des Beitrags von Darrell Panethiere (ifpi London). Er ging insbesondere auf die Entwicklung der Haftung in den Vereinigten Staaten, den gesetzgeberischen Ansatz im US-amerikanischen Digital Millennium Copyright Act und die dort geregelten vier sicheren Bereiche ein, in denen für urheberrechtliche Verletzungen nur eingeschränkt gehaftet werden müsse. International-privatrechtliche Probleme des Urheberrechts, insbesondere Fragen des Gerichtsstandes und des anwendbaren Rechts bei länderübergreifenden Urheberrechtsverletzungen, wurden von Prof. Dr. Ion Bing, dem Leiter des norwegischen Forschungszentrums für Computer und Recht der Universität Oslo, analysiert. Er hält es für sinnvoll, den Gerichtsstand nach dem Ort des Erfolgs der urheberrechtsverletzenden Handlung, also dem Ort des Schadenseintritts, zu bestimmen. Die Frage des anwendbaren Rechts solle sich dann ausschließlich nach dem Territorialitätsprinzip richten.

Rechtsanwalt Dr. Jürgen K. Wente von der Kanzlei Heiss & Partner, München, und Marie-Thérèse Huppertz von Microsoft Europe untersuchten Fragen der einzelvertraglichen Lizenzierung. Bis zu einer internationalen gesetzlichen Regelung bestehe eine Schwierigkeit der Lizenzierung von Urheberrechten im elektronischen Handel darin, daß für jedes einzelne Vertragsverhältnis die Frage des anwendbaren Rechts entschieden werden und für die einzelnen Zielmärkte unterschiedliche Lizenzverträge entwickelt werden müßten. Weiterhin sei im Online-Bereich problematisch, wann, mit wem und mit welchem Inhalt ein Lizenzvertrag zustande komme und wie man dies in einem Prozeß beweisen könne. Dr. Jens Gaster von der Europäischen Kommission (DG III) stellte den neuen EU-Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (KOM [97] 628 endg. Fassung) vor. Im Gegensatz zu den Regelungen in den fünf bereits umgesetzten Richtlinien im Bereich des Urheberrechts stelle der Richtlinienvorschlag die erste horizontale Richtlinie" dar, weil nicht nur vertikal ein bestimmter Werktyp oder eine bestimmte Nutzungsart geregelt werde, sondern sämtliche Werkarten sowie die verwandten Schutzrechte berührt werden. Die wichtigen Neuerungen des Vorschlags seien das in Art. 3 geregelte öffentliche Wiedergaberecht sowie Art. 4, der erstmalig in einem internationalen Vertrag das Verbreitungsrecht harmonisiere. Der Richtlinienvorschlag wurde von Dr. Ulrich Wuermeling von Clifford Chance befürwortet, der aus unternehmerischer Sicht einen "pay per use"-Ansatz für den Handel mit Immaterialgüterrechten bevorzugte.

Die Rolle der Verwertungsgesellschaften war Gegenstand des Vortrags von Rechtsanwältin Ute Decker. Ausgehend von der Frage, wie urheberrechtliche Schranken und Einschränkungen der Vertragsfreiheit an die Bedürfnisse der Informationsfreiheit angepaßt werden können, entwickelte e sie den Gedanken einer automatisierten Rechteübertragung auf Verwertungsgesellschaften. Im folgenden Vortrag stellte Martin Schippan vom Institut für Urheber- und Medienrecht, München, das VERDI Projekt der EU-Kommission vor, das sich mit der Errichtung einer europäischen Clearinggesellschaft Multimedia befaßt. Ziel einer solchen Gesellschaft sei es, dem Hersteller von Multimediaprodukten einen einfachen Erwerb von Rechten europaweit zu ermöglichen. Erik Terheggen von der niederländischen Verwertungsgesellschaft BUMA/STEMRA und Clemens Rasch von der ipfi Deutschland e. V. erläuterten, daß die Verwertungsgesellschaften auch in der Informationsgesellschaft eine wichtige Rolle einnähmen, weil gerade im Online-Bereich die Probleme auftreten, die historisch zu der Errichtung der Verwertungsgesellschaften geführt hätten. Kritisch gewürdigt wurde die Rolle der Verwertungsgesellschaften von Prof Dr. Thomas Hoeren, der Probleme insbesondere in Hinsicht auf die Balance zwischen einzelvertraglicher Rechteübertragung und der Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften, sowie Probleme des Wettbewerbsrechts und des Internationalen Privatrechts aufzeigte. Verwertungsgesellschaften könnten ihre Rolle nur behaupten, wenn sie sich als subsidiäre Verwalter von Rechten begriffen und eine umfangreichere Kontrolle akzeptierten.

Timothy Trainer vom US Patent and Trademark Office erläuterte den Gesetzgebungsbedarf im Bereich der Domainnamen aus amerikanischer Sicht. Er analysierte die amerikanische Rechtsprechung, die in Fällen des Markenmißbrauchs in Domainnamen nach wie vor uneinheitlich urteile, und erläuterte die Entwicklung des Grün- und Weißbuchs zum Domainnamensystem sowie die Entscheidung, die Verantwortlichkeit für eine Regulierung der IANA-Nachfolgeorganisation zu überlassen. Dieses gesetzgeberische Vorgehen wurde aus europäischer Sicht von Rechtsanwalt Michael Schneider als Vorsitzender des Electronic Commerce Forum e. V. kritisiert. In einem abschließenden Vortrag stellte Séverine Dusollier vom Zentrum für Informationsrecht der Universität Namur dar, wie urheberrechtlicher Schutz technisch realisiert werden kann und welchen rechtlichen Schutz die technischen Schutzmaßnahmen ihrerseits erfordern.

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© Dr. Jan Kaestner
Stand: 20. Januar 2006